«Peel it, cook it, fry it or leave it» ging mir durch den Kopf. Was vor uns ausgebreitet war, liess sich aber weder schälen, noch konnte man es kochen. Braten ging auch nicht. Es sein lassen war auch unmöglich, dazu rochen diese Salate einfach viel zu gut! Seit einer Stunde zog ich mit meiner Freundin Feli durch den Basar der usbekischen Hauptstadt Taschkent. Wir waren schon an hunderten von Gemüseständen vorbeigeschlendert. Wir hatten an den Gewürzständen gestanden und an den bunten Pulver geschnuppert. Wir hatten von einer dicken Usbekin mit Goldzähnen einen grünen Rettich geschenkt bekommen, weil sie es nicht fassen konnten, dass wir noch nie in unserem Leben einen grünen Rettich gesehen hatten. Wir hatten uns über die Vielfalt von getrockneten Aprikosen gewundert, die von alten Männern mit weissen Bärten verkauft wurden. Wir hatten allerlei Vermutungen angestellt, worum es sich bei den wie Gnocchi aussehenden weissen getrockneten Kugeln handeln könnte, die von dutzenden von Verkäufern in fünfzig-Kilo-Säcken feilgeboten wurden. Wir mussten fragen: Snacks «für Männer», sagte eine Verkäuferin, «schmeckt perfekt zu Bier!» und streckte uns eins hin. Diese Salate! Sie rochen nach frischen Kräutern und fein nach Essig. Die Frauen hinter den bunten Haufen reichten uns kleine Plastiksäcke, auf die sie eine Probierportion gehäuft hatten. Eingelegte Karotten an einer höllisch scharfen Sauce, Glasnudeln mit Gemüsestreifen und fein gezupften Koreander-Blättern, dunkelgrüner Seetang, lange Kuttelstreifen mit scharfen Karotten und roter Paprika. Und weil jede wollte, dass wir bei ihr kaufen, probierten wir uns durch das Angebot und beschlossen, den russischen Ansatz zur Vermeidung von Dünnpfiff und anderen wüsten Sachen zu fahren: Wir kauften uns Wodka zum Desinfizieren. Auf diesen Streifzügen durch die Märkte und die Strassen auch in anderen Städten Zentralasiens haben wir viele Menschen getroffen, Fragen gestellt, aber auch selber Antworten gegeben. Mir ist endlich klar geworden, was der Usbeke beim Gemüsestand vor meinem Haus in Moskau gemeint hat, als er mich kürzlich nach meinem Alter, Zivilstand und der Zahl Kinder gefragt hat, ohne meinen Namen wissen zu wollen. Ich hatte ehrlich geantwortet. Dreiundreissig, ledig, keine Kinder. Er machte mit der Hand eine abschätzige Bewegung und sagte nur: «Der Zug ist abgefahren». «Wärst du Usbekin, könntest du schon Grossmutter sein», sagte mir ein junges Mädchen, das ein paar Tage später in Samarkand am Rand einer Freilichtbühne stand und auf ihren Einsatz als Tänzerin in einer Volkstanztruppe zur Unterhaltung von Touristen wartete. Sie und ihre Freundinnen lachten über mein entsetztes Gesicht. Das hatte ich mir so noch nicht überlegt. Sie fanden es lustig und merkwürdig zugleich, dass weder ich noch meine Freundin trotz unseres schon fortgeschrittenen Alters verheiratet sind. In Usbekistan beginnt das heiratisfähige Alter mit 16 Jahren, erzählte sie. «Haben eure Eltern für euch nicht einen Mann gesucht?», wollte sie wissen. Weil mir nichts mehr einfiel fragte sie weiter: «Heiratet man bei euch etwa nur aus Liebe?»